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Leitsatz

Spacer Du musst nur entscheiden, was Du mit der Zeit anfangen willst, die Dir gegeben ist ...
Zitat aus Herr der Ringe

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Kurzschluss

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Vor fünf Jahren sind wir in die Nachtigallenstraße, ein Neubaugebiet, gezogen. Alle Häuser wurden gleichzeitig vermietet bzw. verkauft und die Bewohner sind heute zu einer vertrauten Gemeinschaft zusammengewachsen.
Rita habe ich bereits in den ersten Tagen auf dem Spielplatz kennen gelernt. Ihre offene Art und ihr fröhliches Wesen haben mir sofort gefallen. Unsere Söhne, beide 5 Jahre alt, beide ungefähr gleich stark und dominanzbedürftig, waren eine gute Grundlage für eine unkomplizierte Freundschaft. Schnell spielte sich ein Rhythmus gegenseitiger Einladungen ein, an denen auch unsere Männer gern teilhatten. Ritas Uli und mein Jochen konnten sich auf Anhieb leiden.
Für den heutigen Samstag haben Rita und ich eine Party zum 5-jährigen Bestehen der Anwohnergemeinschaft geplant. Sie findet in unserem Garten statt. Bei den Vorbereitungen haben wir keine Mühe gescheut, Uli und Jochen haben ein großes Zelt aufgebaut und das Programm bietet für jeden etwas - eine Tombola, Vorsingen der Kinder, von Rita einstudiert, ein launiger Vortrag selbstverfasster Sketche unseres Nachbarn Walter und als Höhepunkt des Abends, der Auftritt einer Bauchtänzerin.
Um fünf Uhr trudeln die Gäste ein. Rita und ich reichen hübsch dekorierte Häppchen herum, Uli und Jochen bewachen den Grill. Dezente Hintergrundsmusik vermischt sich mit dem Lachen der Kinder und den angeregten Stimmen der Erwachsenen. Rita sieht heute besonders attraktiv aus, zeigt ganz schön viel von dem Bisschen, das sie hat und Jochen schaut immer wieder wohlwollend in ihre Richtung. Ich bin vollkommen gelassen. Eifersüchtig von Natur, bleibe ich bei den beiden ganz ruhig, warum sollen sie nicht miteinander flirten? Ich weiß, diese mir so nahen Menschen würden mich nie hintergehen. Ich halte Rita sogar für fairer, als mich selbst. Uli ist mir vor einiger Zeit einmal etwas zu nahe gekommen. Wir hatten beide einen kleinen Schwips und sind dann beim Weinholen im Keller über einander gestolpert. Wie das so geht. Aber damit war’s dann auch schon vorbei. Gegen 22 Uhr - alle sind wunderbar in Schwung, die Kinder huschen vergnügt durch den von Lampions geheimnisvoll erleuchteten Garten - klingelt es und vor der Tür steht eine wohlproportionierte, nicht mehr ganz junge Dame. Die Bauchtänzerin. Zum Umkleiden führe ich sie ins Haus. Während sie ihr Kostüm anlegt, gehe ich in den Garten und kündige die Vorstellung an. Im Zelt wird für die Darbietung ein Teppich ausgerollt und Uli legt diese wunderbar leiernde, türkische Musik auf. Jeder holt sich einen Stuhl und bald sitzen alle erwartungsvoll im Halbkreis, klatschen im Rhythmus der orientalischen Weisen, die Männer skandieren ausgelassen: Suleika! Endlich erscheint die Künstlerin. Auf dem Kopf sitzt ein mit Strass bestickter flacher Topf, an dessen Rückseite ein Tuch herabhängt, das an den Nackenschutz eines Feuerwehrmannes erinnert, der üppige Busen ruht in einem schillernden BH, der höchst reizvoll die Speckröllchen unterhalb der Arme zur Geltung bringt. Der Nabel liegt frei - ein erotischer Krater in schwingender Berglandschaft. Der Rest der Dame ist in ein glitzerndes Tuch aus türkisfarbener Seide gehüllt, aus der nur Pantöffelchen mit hochgebogenen Spitzen hervorschauen. Im Schwebeschritt gleitet sie auf die Bühne, hebt graziös die Arme und lächelt geheimnisvoll. Plötzlich, untermalt vom Stakkato der Trommeln, erbebt ihr Körper, verfällt in rhythmisches Zucken, jede Zelle scheint zu vibrieren und als sie uns den Rücken zukehrt, erblicken wir unter der Seide zwei Pobacken, die so schnell rotieren, dass man befürchten muss, sie würden jeden Augenblick davonfliegen. Die Begeisterung des Publikums kennt keine Grenzen. Hinter mir flüstert Arnold, der Mann der dicken Gerda, immerfort: Gerdilein, das musst du auch lernen! Die Zuschauer sind so hingerissen, dass keiner merkt, dass die schwarzen Wolken am Himmel sich genau über uns zusammenrotten und als ein wahrer Sturzregen einsetzt, sind alle so übermütig, das sie einfach sitzen bleiben und weiter bravo, da capo schreien.
Ich schleiche mich davon. Nass bis auf die Haut will ich mich umziehen und öffne die Badezimmertür.
Warum ist mein Mund so trocken? Wieso kann ich kaum atmen? Ist das mein Herz, das da so irrsinnig gegen meine Rippen trommelt? An die Wand neben dem Spiegel gelehnt verkrallen sich zwei Figuren ineinander, schnaufen und lallen, mit dem Rücken zu mir eindeutig Jochen, seine breiten Schultern dampfen, das neue Hemd wird von zwei zarten Händen gezerrt und geknautscht. Am Goldlack der Fingernägel erkenne ich Rita. In einer heißen Welle steigen Wut und Hass in mir auf. Ich stürze zu ihnen hin und brülle hysterisch: Schluss, hört auf, ich bringe euch um! In diesem Moment geschieht etwas Sonderbares. Jochen und Rita bäumen sich auf, schreien schrill und gleichzeitig geht das Licht aus. Ich stürze davon, ins Schlafzimmer, lasse mich aufs Bett fallen.
Im Haus wird es laut, entsetzte Stimmen, jemand fragt nach dem Sicherungskasten, verlangt einen Notarzt und dann Ulis Stimme: da kann kein Arzt mehr helfen.
Plötzlich bin ich ganz ruhig. Ich höre noch einmal Jochens leidenschaftliches Keuchen, sehe Ritas ekstatisch zuckende Hände. Nie hat Jochen so bei mir gestöhnt, nie hatten meine Hände Anlass, sich so in seinen Rücken zu verkrallen. Tiefe Demütigung, ja Trauer erfüllen mich. Ich knipse die Nachtischlampe an, suche trockene Kleider, bringe mein Gesicht in Ordnung und gehe zu den anderen. In all dieser Aufregung bin ich offensichtlich die einzige, die Ruhe bewahrt. Als Arzt und Polizei kommen, führe ich sie ins Badezimmer und höre mit versteinertem Gesicht die Theorie des Wachtmeisters an, nach der einer der beiden den Fön neben dem Waschbecken berührt und diesen dabei eingeschaltet haben muss. Triefnass wie sie waren, wurden sie vom Elektroschlag dahingerafft.
Als endlich alle das Haus verlassen haben, gehe ich noch einmal ins Badezimmer. Ich versuche mich an jede Einzelheit zu erinnern, aber mein Gedächtnis verweigert sich, in meinem Kopf klafft ein tiefes schwarzes Loch. Ein Gedanke verwirrt mich. Ist die Kraft meines Hasses so mörderisch, dass ich damit Leben zerstören kann? Ich habe kein Mitleid mit den Verrätern, aber die Vorstellung einer solchen Fähigkeit lässt mich frösteln.
Eine Begebenheit aus meiner frühen Jugend kommt mir in Erinnerung. Lene, eine Klassenkameradin, hatte versucht, mir meinen Tanzstundenherrn abspenstig zu machen. Ich war empört, hatte ihr die Pest an den Hals gewünscht. Nach dem Sturz die lange Schultreppe hinab, konnte sie sich lange nicht von ihren Knochenbrüchen erholen. Aber kann ich das mit dem vergleichen, was Jochen und Rita passiert ist? Ich meine mich zu erinnern, dass ich Lene einen kleinen Schubs versetzt habe.


Zitat

Zitat 39(228):
Zum Denken sind wenige Menschen geneigt, obwohl alle zum Rechthaben.
Arthur Schopenhauer


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