Du musst nur entscheiden, was Du mit der Zeit anfangen willst, die Dir gegeben ist ...
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Die Werbung hatte mich überzeugt: Es gibt kein effektiveres, hygienischeres, umweltschonenderes, wassersparenderes Reinigen im Haushalt mit einem größeren Fun-Faktor als das Reinigen mit Dampf. Also bestellte ich - erstmal zur 14tägigen Probe - einen, trotz Super-Sommer-Spezial-Angebot nicht gerade billigen, Dampfreiniger aus dem Katalog. Er kam prompt und hielt, was er, bzw. seine Vertreiber versprachen. Ich beschloss, ihn zu behalten. Insbesondere wurde ich der Flecken, die unser Hund verursachte, spielend Herr. Und die bösen Milben im Schlafbereich hatten bald keine Chance mehr, mich zum Niesen zu bringen. Mit Turbodüse, Borstenkranz und Dampflanze dampfte ich alles ab, und gehörte uneingeschränkt zu den 95,8 % der laut EMNID-Studie zu den zufriedenen bis volkommen zufriedenen Besitzern besagten Reinigungsgerätes, bis, ja, bis eines Tages der Dampf am Anschlussstecker des Schlauches austrat, und vorne nur noch ein lauwarmes Lüftchen wehmütige Erinnerung an den Powerdampf der letzten Wochen wachrief. Also, alles eingepackt und zurückgeschickt, schließlich hatte ich ja 1 Jahr Garantie. Das Gerät kam repariert zurück, und der Dampf nahm wieder den ihm zugedachten Weg. Alles war bestens, bis sich eines schönen Dampftages das Dampfventil am Schlauch nicht mehr betätigen ließ. Naja, wollten mal nicht so pingelig sein, schließlich gab es ja noch den Ein-/Ausschalter am Gerät, den ich mit dem Fuß betätigen konnte. Nach einiger Zeit jedoch sprach dieser Schalter auf meine Fußbetätigung nicht mehr an, bzw. er blieb nur an, solange ich ihn mit dem Fuß runterdrückte. Auf einem Bein konnte ich mich schlecht durch die Wohnung bewegen, also ließ ich mir was einfallen. Ein schöner schwerer Amethyst, der sonst das Fensterbrett zierte, diente als Fußersatz. War ich nicht achtsam, fiel er zwar runter, aber mit ein wenig Übung konnte ich auf diese Weise gut hantieren.
Zu einem späteren Zeitpunkt hatte der Schlauchanschluss zum Gerät einen Wackelkontakt. Nur in einer speziellen Schlauchposition konnte der Dampf in diesen eintreten. Doch wie sollte ich diese Position mit einer Hand halten und gleichzeitig arbeiten? Ich schaute mich in unserer Wohnung um. Es gab da eine Bronzemadonna, die in einem Arm das Jesuskind hielt. Der andere Arm war frei, und die Hand hielt sie ausgestreckt, so, als wollte sie mir sagen, da könnte man doch auch einen Schlauch darauf legen. Und ich muss zugeben, sie hielt den Schlauch tadellos. Ich musste die ganze Konstruktion Dampfreiniger/Amethyst/Madonna nur von Zeit zu Zeit verschieben, dann klappte es eigentlich ganz gut. So verging die Zeit im Volldampf und wie im Fluge. Eines schönen Tages gab es einen Knall, und der Kessel war geplatzt. Die Garantiezeit war leider vorrüber, aber der nächste Sperrmülltermin nicht mehr weit.
Ich griff wieder auf anachronistische Utensilien wie Eimer, Schrubber und Reinigungsmittel zurück, bekam rauhe und rissige Hände und hatte irgendwie das Gefühl, dass alles nicht so 100 %ig sauber wäre.
Eines Tages flatterte mir ein Prospekt eines Versandhandels ins Haus, in dem ein Dampfreiniger angeboten wurde, der etwa die Hälfte meines entsorgten kostete und ebensolche sensationellen Reinigungsergebnisse bringen sollte. Ein Blick auf meine roten Hände, und ich konnte nicht anders, ich musste ihn einfach bestellen. Das Montieren der Einzelteile war eher etwas für Ingenieure, aber bald hörte ich das altvertraute Dampfgeräusch. Außerdem gab mir die Zusage einer verlängerten 2-jährigen Garantiezeit ein beruhigendes Gefühl. Als jedoch nach 2 Monaten der Kessel platzte (wie gehabt), hatte ich genug, rote Hände hin oder her. Ich packte das Gerät ein und forderte mein Geld zurück, was ich auch anstandslos bekam.
Und trotzdem, das Thema Dampfreinigen war fast zur Besessenheit geworden. Die erste Firma schickte nach wie vor Werbung und empfahl eines Tages einen superkleinen, spottbilligen, doch hoch effizienten Dampfreiniger. Ich konnte dem Angebot einfach nicht widerstehen.
Der Zwerg war wirklich nicht übel. Nur fielen nach 5 Monaten die Räder ab, und der Handgriff wurde so heiß, dass ich ihn mit einem feuchten Lappen halten musste. Ich steckte die Räder ein paar mal wieder dran, doch sie hielten nicht mehr. Eine genauere Inspektion ergab, dass die Steckverbindungen der Räder zum Gerät geschmolzen waren. Jetzt hatte ich endgültig die Nase voll. Ich packte das Gerät wieder ein und schickte es - diesmal unfrei - an den Hersteller, zusammen mit einem nicht sehr freundlichen Brief. Ich wollte keine Reparatur, ich wollte kein Ersatzgerät, ich wollte mein Geld zurück. Es kam tatsächlich ein Scheck, allerdings hatte man Nutzungsentschädigung für 5 Monate, Technikerkosten, Buchhaltungsgebühren und Portokosten abgezogen. Zwar hatte ich mich zwischenzeitlich schlau gemacht, dass ich der Firma tatsächlich Gelegenheit zur Reparatur oder zum Ersatz hätte geben müssen, aber mein Frust war so groß, dass ich einen noch weit unfreundlicheren Brief schickte. Und siehe da, aus Kulanzgründen war man bereit, auch die Differenz zu erstatten.
Am selben Tag , als der Scheck kam, erhielt ich ein Schreiben der anderen Firma, die seinerzeit den vollen Rechnungspreis anstandslos ersetzt hatte, mit einer freundlichen Entschuldigung und der Hoffnung auf eine weitere gute Zusammenarbeit - zusammen mit einem Gutschein über DM 25,-- für entstandene Mühen.
Ich fürchte, das Thema Dampfreiniger ist für mich noch nicht ausgestanden. Jetzt stellt sich die Frage: Welches Modell soll ich nun nehmen?
Zitat 164(228):Das höchste Zeichen von Intelligenz ist der Zweifel.
Francois Mauriac
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